Samstag, 8. September 2012

Zwischen Jericho und Jerusalem



Spätestens mit dem Donnerstag letzter Woche droht meine eiserne Regel "als Student nie vor 7 Uhr auszustehen" zu scheitern. Auf 5:15 Uhr war die Abfahrt Richtung Jericho zum Wadi Qelt angesetzt. Dabei handelt es sich um eine Schlucht die von Jerusalem nach Jericho führt. Warum muss man dafür so früh aufstehen? Auf einem Gipfel bei unserem Einstieg ins Wadi konnten wir den Sonnenaufgang über der Wüste betrachten; unter uns und in der Ferne eine bräunliche Stein-/Sandlandschaft, der Blick hinab in das Tal, die bergige Region umher - eine Schönheit der Natur, jenseits aller "Schönheitsideale". Mit einer gemeinsamen Morgenandacht begrüßten wir den Tag und den Aufgang der Sonne.
Der Ausblick vom "erstbesten" Hügel
Zwischen 6 Uhr und 7 Uhr begann dann unsere Wanderung durch das Wadi. Endlich erwacht und voller Lebensgeister mussten manche natürlich auf den erstbesten Berg hochrennen und schauen, ob die Aussicht besser ist. Wüste über Wüste hätte man wohl auch unten gesehen, aber die eine oder andere Baukunst konnte entdeckt werden. Doch leider ist unser archäologisches Auge noch nicht geschult genug um den Fund zu beurteilen.


In das Tal hinabgestiegen, folgten wir einem kleinen Bach, welcher – zwar natürlich, aber künstlich angelegt – Teile des Wadis durchfließt. Da wir zunächst entgegen der Flussrichtung liefen, kamen wir bald zur Quelle und rasteten. Naja, ein Teil rastete, der andere Teil musste weiter auf Entdeckungsreise gehen. Trotz mancher unangenehmer Steine, tieferen Stellen des  Gewässers, glitschigen Felsen kamen alle sowohl unbeschadet bei der Quelle an, als auch wieder zurück. Das hierfür notwendige Teamwork stellte sich später als erste Trainingseinheit heraus. Anschließend ging es den Fluss entlang zurück und immer weiter mehr oder weniger gerade aus, über Höhen und Tiefen, Steine und Sand, durch Schatten und sich allmählich bemerkbar machender Hitze. Aber Dank praktischer Kopfbedeckung, Wanderschuhen, Trinkschlauchsystem und dem jugendlichen Eifer in den Morgenstunden war das alles kein Problem. Irgendwann machten wir auch Rast und dann ging es weiter, kurze Pause, weiterlaufen. Klingt so eigentlich ganz langweilig, aber sicherlich wurden damit die gruppendynamischen Prozesse gefördert. OK – an dieser Stelle sollte nun wirklich meine übliche Ironie nicht hineingelesen werden: Die Landschaft war wirklich beeindruckend, immer wieder zeigten sich Blumen, die der Umgebung trotzten; und auch die eher eintönige Landschaft war durchaus abwechslungsreich; zuletzt auch durch den Wechsel von der Höhenregion in das Flussbett hinein. Hier konnte man schon erahnen, welch gewaltige Kräfte wirken können, wenn das Tal auf einmal vom Wasser überflutet wird.

Schon bald erreichten wir die größte Herausforderung der Wanderung. An einem kleineren Abhang, an welchem eine kleine Rutschpartie eingeplant war, fand sich auf einmal am Boden ein kleiner Teich vor. Nun stand jeder vor der Wahl: Entweder die Rutschpartie ins Nasse wagen (inkl. notwendigem Abstützen zu beiden Seiten, Gestützt und Aufgefangen werden von unten) oder aber an der Wand entlang klettern (gewisses Absturzrisiko inklusive). Es zeigte sich: Die Natur ist der beste Hochseilgarten. Mit gutem Teamwork überwanden wir die Kluft und bei den "Einzelkämpfer" wurde konstatiert: Nichtdenken hilft am Meisten. Die übrige Wanderung verlief ohne weitere Zwischenfälle und bald erreichte man das eigentliche Ziel: Das griechisch-orthodoxe Georgskloster. Eine wohltuende Erfrischung wurde gereicht, die Führung führte uns immerhin vom Empfangsraum zum Sakralraum. Selbstständig fanden wir auf dem Dach die Grotte, in welcher Elia von den Raben gefüttert wurde. Zuletzt liefen wir noch den wohl steilsten Weg der Tour zum Busparkplatz hoch. Von da an war nur noch sitzen notwendig und ich selbst genehmigte mir ein seliges Nickerchen. Die typische Studienjahr-Ansage: "Schlafen kann man auch in Deutschland" kann ich so noch nicht unterstützen. Am Abend wurden dann erste Details für die Sinai-Exkursion besprochen – Das Wadi war dafür die erste Trainingseinheit.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen